Seit vielen Jahren muss ich mit meinem Träger Festivals besuchen. Ob es das Bizarre Festival war oder das Southside, er nahm mich immer ungefragt mit. Den Mix aus Musik, Party, grillen und viele nette Leute treffen genoss ich aber dann doch irgendwie immer.
Nun sollte es also Rock im Park in Nürnberg sein, eine Premiere für uns beide. Nach der Relegation gegen den HSV und die fatale Schiedsrichterentscheidung des Herrn Hoyzer äh Gräfe war mir eigentlich gar nicht nach Festivalbesuch.
Am liebsten hätte ich mich ganz unten im Kleiderschrank verkrochen, zwischen Stutzen und dem muffigen Torwarttrikot seiner Betriebsmannschaft.
Nun denn, er zog mich also über uns los gings nach Nürnberg.
Bestenfalls treffe ich auf diesen Festivals 1-2 weitere Exemplare meiner Gattung, ernte ein paar mitleidige Blicke und immer einen hasserfüllten. Je nach Saisonverlauf bekomme ich noch einige aufmunternde Schulterklopfer.
Das dies in Nürnberg ganz anders werden würde, zeigte sich schnell. Kaum den Zeltplatz betreten hörte ich schon bekannte Klänge an mein Ohr dringen. Eine Horde Teenager intonierte lautstark „KSC, KSC“. Ok, obwohl es erst früher Nachmittag war, hatten sie schon kräftig Alkohol intus, sie begrüßten mich überschwänglich. Bier wurde mir angeboten, aber ich trinke ja nicht.
Es stellte sich heraus, dass es sich um bayrische Landsmänner handelte.
Auf der Suche nach einem geeigneten Platz um das Zelt aufzuschlagen kamen wir kaum vorwärts. Überall musste abgeklatscht werden, wurde zugeprostet oder ich wurde sogar umarmt und mit einem „Ihr hättet es verdient“ gehabt. Ich kam kaum einen Meter weit ohne dass nicht die drei Buchstaben, welche ich repräsentiere gerufen wurden.
Neben uns zelteten ein Schalker und auch noch ein Braunschweiger. Das Gesprächsthema war gefunden.
Endlich auf dem eigentlichen Festival vor der Bühne angekommen ging es gerade so weiter. Bei Motörhead schrien ein paar Leute „Scheiß HSV“ als sie mich kommen sahen. Aufgrund der Ereignisse mit diesen Unsympathen Lasogga, Holtby und Nicolai Müller, konnte ich da nur meine Zustimmung geben.
Der Höhepunkt allerdings fand während des Gigs der Toten Hosen statt. Mein Träger und sein Kumpel (bekennender Gladbach Fan und etwas neidisch ob der Aufmerksamkeit die mir zuteil wurde) hatten es bis ganz nach vorne geschafft. Dort trafen wir auf unzählige Leute die mit den beiden über diese Relegation sprechen wollten. Der Tenor war immer derselbe und lautete „Ihr seid beschissen worden“. Ich unterhielt mich derweil mit einem Pendant von mir, welches rot und schwarz gestreift war. Es kam aus Hessen und hätte mich gerne nächste Runde getroffen. So hoffen wir nun beide auf den DFB-Pokal.
Dann nasse Lippen auf mir und übler Biergestank. Küsste da doch ein ganz schön betrunkener junger Herr die drei Buchstaben, welche ich auf meinem Herzen trage. Seine Augen funkelten dabei glückseelig. Mein Träger war genauso überrascht und konnte es nicht verhindern. Leider wiederholte sich dies nur ein paar Minuten später. Ich muss dringend gewaschen werden, war mein erster Gedanke als wir hinüber zur Arena gingen in der gleich Body Count feat. Ice-T loslegten.
Auf dem Nachhauseweg ins Zelt dann noch eine Umarmung. Ein junger Mann mit einem Pullover der Band „Bane“ outete sich als Mitglied der drei geilsten Buchstaben im deutschen Fußball. Da er im Osten der Republik lebt, kann er nicht so oft im Wildpark sein, versucht aber so viele Spiele als möglich zu sehen. Ein Mann nach meinem Geschmack auch in Sachen Musik.
Normalerweise werde ich höchsten einen Tag auf dem Festival ausgeführt, da es aber so gut lief, musste ich alle drei Tage her halten – nichts für schwache Fasern.
Am frühen Sonntagmorgen stürmte auf dem Zeltplatz ein junger Mann auf mich zu. Wie sich heraus stellte war er aus Ravensburg. Er hätte da einen Hamburger gesehen, er wäre in diese Richtung gelaufen und wenn wir uns beeilen würden wir ihn noch einholen. Wozu? Na um ihn umzuhauen natürlich! Oh ok, klar, war ne doofe Frage von mir. Auf so etwas wollten wir uns dann aber doch nicht einlassen. Auf was für Ideen manche doch vor dem Frühstück kommen, tstststststs. Dabei hätte ich mir ja eine „Laufmasche“ oder wie das heißt holen können.
Als ich mich gerade auf Slash und Miles Kennedy einließ und die alten Guns´n´Roses Songs genoss zobbelte es schon wieder an mir. Ein etwas ergrauter Endvierziger im Pearl Jam T-Shirt gratulierte mir zu zwei tollen Spielen und beteuerte glaubhaft, dass er es mir gegönnt hätte. Ich nahm es wohlwollend zur Kenntnis.
Zu Begegnungen mit dem einheimischen Club kam es auch noch. Die Vertreter dieses fränkischen Urgesteins behaupteten doch allen Ernstes, dass ich extra in letzter Minute noch verloren hätte, damit ich wieder gegen sie antreten kann. Scherzbolde! Irgendwie hatten sie dann wohl das Gefühl, das ihr Humor nicht den meinen traf und nuschelten noch was von „Betrug“, „gekauftem Spiel“ und „Fußballmafia“.
Während für Prodigy die letzten Vorbereitungen auf der Bühne getroffen wurden, fand ich mich in einem Knäul Bremer Fußballfans wieder, die unbedingt ein Bild mit mir machen wollten. Die Zeit bis Prodigy endlich begann zog sich wie Kaugummi und so lange musste ich das Mitleid dieser Bremer Reisegruppe über mich ergehen lassen, die gerne mal wieder in den Wildpark gekommen wären und unseren Relegationsgegner bis aufs Blut nicht leiden können. Dies allerdings war mir hinlänglich bekannt.
Beim Abbau des Zeltes wurde ich würdig von allen Nachbarn verabschiedet. „Nächstes Jahr geht ihr hoch“ oder „Aufsteiger der Herzen“ riefen die Leute und manche verabschiedeten sich auch persönlich per Trikotzupfer.
Ein für mich unglaublich intensives Wochenende ging dann Sonntagnacht im Wäschekorb zu Ende und ich muss euch sagen, ich bin sofort eingeschlafen.
Euer KSC-Trikot
P.S. Herzliche Grüße an das Lektorat „Kutten-Timo“
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